Multiples Myelom
Das Multiple Myelom ist eine maligne hämatologische Erkrankung, welche bei älteren Patienten eine steigende Inzidenz zeigt. Im Median sind die Erkrankten bei Erstdiagnose 65-70 Jahre alt. Bezüglich der Einschätzung der allgemeinen Patienten-Fitness und der Therapiewahl bzw. der zu erwartenden Therapieverträglichkeit spielt jedoch nicht nur das numerische Alter des jeweiligen Patienten eine Rolle, sondern eine Vielzahl anderer Faktoren, wie dessen Komorbiditäten bzw. Gebrechlichkeit. Es erscheint demnach sehr sinnvoll, Prognose- bzw. Risikoscores zu entwickeln, die diese Phänomene berücksichtigen, anstatt geeignete therapeutische Maßnahmen rein nach dem numerischen Alter eines Patienten zu wählen.
In wiederholten, initial retrospektiven Analysen wurden am Universitätsklinikum Freiburg, Klinik I Hämatologie, Onkologie & Stammzelltransplantation, verschiedene Organ-Komorbiditäten von Myelom-Patienten hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens und Gesamtüberlebens detailiert untersucht. Als prognostisch hochsignifikant erwiesen sich die Einschränkung der Lungenfunktion, der Nierenfunktion und/oder des Karnofsky Performance Status (KPS). Aus diesen 3 Parametern wurde der initiale Myelom Komorbiditäts-Index (I-MCI) entwickelt, bei dem bei 0 vorhandenen Risikofaktoren eine exzellente Prognose, bei 1 eine intermediäre und 2 bzw. 3 dieser Risikofaktoren eine ungünstige Prognose vorlag.
Um diesen Score weiter zu entwickeln, wenn möglich zu verbessern und zu gewichten, erfolgte eine Überarbeitung an einem noch größeren Myelom-Patientenklientel: dabei wurden insgesamt 13 Risiko- und Komorbiditätsfaktoren berücksichtigt. Als signifikant erwiesen sich die 3 Parameter aus dem I-MCI sowie das Alter und sogenannte Gebrechlichkeit (Frailty). Die Definition der körperlichen Gebrechlichkeit basiert auf dem Phänotyp nach Fried und umfasst KPS, Time Up/Go, IADL und die subjektiven Fitness. Aus diesen 5 Faktoren sowie der Zytogenetik, welche einen relevanten Einfluss auf die Prognose hat, wurde der sog. revised MCI (R-MCI) entwickelt. Der R-MCI stellt dabei ein einfaches Tool dar, um Myelom-Patienten in klar differierende Risikogruppen anhand deren Komorbiditäten Lungen, Niere, Allgemeinzustand, Alter und Frailty sowie Zytogenetik einzuteilen und kann eine Orientierungshilfe für anstehende Therapieentscheidungen darstellen.
Methodik
Der R-MCI berechnet sich aus den Regressionkoeffizienten der prognostischen Faktoren: Lungen- und Nierenfunktion, Karnofsky Performance Status, körperliche Gebrechlichkeit, Alter und Zytogenetik. Die zugrundeliegenden Regressionskoeffizienten wurden mittels eines multivariablen Cox'schen Proportionalen Hazards Regressionsmodell basierend auf einer Backward Variablen Selektion geschätzt. Die Gewichte des Scores ergeben sich aus den gerundeten und mit 5 multiplizierten Regressionskoeffizienten. Zur Vereinfachung wurde der Score durch eine weitere Teilung durch 2 auf eine 9 Punkte Skala reduziert. Die Einteilung in hoch, intermediär und niedrig Risko Patienten basiert auf den 25% und 75% Quantile des R-MCI-Scores. Detailierte Auflistung der Gewichtungen: Tabelle.
Literatur